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Die Geschichte der Firma Böker begann mit Gottfried Böker (1734-1795), der zur Zeit des Siebenjährigen Krieges in Remscheid Säbel und Schwertscheiden herstellte. Von seinem Schwiegervater lernte er das Exportgeschäft, und die Firma exportierte bereits am Ende des 18. Jahrhunderts ihre Erzeugnisse in benachbarte Länder.
Gottfrieds zweiter Sohn Johann Gottlieb Böker (1772-1843) gründete die Firma "J. G. Böker & Hilger", die das Geschäft ganz auf den Export verlagerte. Während der Napoleonischen Kriege war sie dadurch sehr erfolgreich, weil sie ihr Absatzgebiet auf dem Europäischen Festland hatte. Aber in der darauf folgenden Zeit der wirtschaftlichen Flaute und mit dem Zusammenbruch des Exportmarktes wurde 1829 die Produktion wieder aufgenommen. Um 1832 war die Firma so erfolgreich, daß Böker und Hilger getrennte Wege gingen, um Platz für ihre Söhne zu schaffen.
1838 gründete Gottliebs ältester Sohn Hermann das Handelshaus "H. Boker & Co" in New York. Zwei der jüngeren Söhne, Robert und Heinrich (1814-1873), übernahmen das Geschäft ihres Vaters und gründeten 1854 eine Dampfschleiferei (siehe auch Bergische Stahl-Industrie-Gesellschaft).
1867 trennten sich die Gebrüder Böker und Robert konzentrierte sich ganz auf das Exportgeschäft. Heinrich führte die Fabrik weiter. 1869 schloß er sich mit Hermann Heuser zusammen und gründete im nahen Solingen ein neues Werk unter dem Namen "Heinrich Böker & Co.".
Heinrichs Sohn Robert Böker gründete 1865 eine Filiale in Mexiko ("Casa Boker") 1). Kurz vor dem Tod seines Vaters 1873 kehrte er nach Remscheid zurück.
Die Firma Böker ist heute vertreten in Solingen (Deutschland), Denver/Colorado (USA) und Buenos Aires (Argentinien).
Auf der Weltausstellung in London 1851 stellen die Gebrüder Böker eine
große Anzahl von Werkzeugen aus 5):
Robert und Heinrich Böker in Remscheid: Stechbeitel, Hohl-
eisen, Kantbeitel, Drechsler-Meißel und Röhren; einfache und doppelte
Schlichthobeleisen, Kehl- und Nuthhobeleisen; Charnierzirkel mit und
ohne Bogen, einfache und doppelte Taster, Federzirkel von der Form
und vollendeten Sauberkeit der besten Englischen; Kneip- und Biegzangen
aller Art und Größe, Lederlochzangen, sämmtlich unter Benutzung der
guten Englischen Vorbilder angefertigt; Bohrwinden mit Einsätzen Eng-
lischer Form; Metallsägen in eisernen Bögen, Fuchsschweife den Eng-
lischen völlig gleich, Spannsägenblätter, Stichsägen; etwa 20 Stück
Tischlerhobel, meist nach Englischen Modellen, und mit diesen auch hin-
sichtlich der sorgfältigen Konstruktion und Bearbeitung (z. B. Buchsbaum-
Einlegungen etc.) übereinstimmend; Hand-Blechscheeren; Klempnergeräthe,
als Polirstock, Siekenstock, Sperrhörner, Umschlageisen, Börteleisen,
mehrere Fausteisen und Hämmer, durchgehends mit trefflich polirten
Bahnen, deren feiner und gleichmäßiger Glanz auch die Güte des Stahls
erkennen läßt; Feil- und Stielkloben, kleine Schraubstöcke von Englischer
Bauart, ein drehbarer Parallel-Schraubstock mit der sehr empfehlens-
werthen Verbesserung, daß er bei der Drehung mit seiner Basis auf
einer bogenförmigen Unterstützung läuft, und nach seiner Feststellung auf
derselben ruht; Schraubenschneideisen nach neuerer (Englischer) Art mit
zwei Kerben in jedem Loche; zwei- und dreibackige Schraubenkluppen;
Holzbohrer mit Heften, als gute Schneckenbohrer, gewundene den Span
selbst herausfördernde Bohrer (screw augers der Engländer), Hohlbohrer,
Nagelbohrer; zwei Schneidzeuge zu hölzernen Schrauben, davon Eins
mit einem Gewindebohrer solcher Art, daß dessen geisfußförmige Schneide
den ganzen dreikantigen Span auf Einen Schnitt wegnimmt und durch
eine Höhlung des Bohrerschaftes heraustreten läßt; hohle Werkzeughefte
(Werkzeugmagazine) nach Englischer Art.
Eine weitere Liste der Werkzeuge in dieser Ausstellung findet man in einem
englischen Bericht 6):
633 BOECKER, R. & H., Remscheid - Manufacturers.
(Agent, Oscar Frauenknecht, 80 Bishopsgate
Street Within.)
Hardware and cutlery. - Files, rasps, pincers, bits,
gimlets, &c. Locks, scale-beams, bolts, and skates; shears,
saws, vices, trowels, screw-drivers, hinges, rings, knobs, &c.
Knives, scissors, sugar-tongs, nut-crackers, wire gauges,
&c.
Patterns of drawing, chopping and cooper's knives,
cleavers, saws, scythes, &c.
Einträge im Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts 11):
Abbildungen von Markenzeichen:
Weitere Markenzeichen der Fabrik auf der Beitel-Seite von Ulrich Affolderbach 4)
Das bekannteste Markenzeichen der Firma ist der Baum, der sich von einer großen alten Kastanie bei der Remscheider Fabrik herleitet. Dieses Zeichen wird vor allem für Messer und Schneidwaren verwendet. Daneben gab es den Pfeil, mit dem Werkzeuge für Schreiner und andere Handwerksberufe gekennzeichnet wurden. Beide Zeichen existieren mindestens seit 1874.
Das Zeichen mit den beiden Pelikanen stammt von einem Hobel im Besitz eines belgischen Museums 10). Eine entsprechende Markenanmeldung konnte ich nicht finden. Von einem australischen Sammler hörte ich aber, daß die beiden Pelikane dort häufig auf Messern und anderen Werkzeugen von Henry Boker zu finden sind.
Im Jahre 1853 gab es ein Gerichtsverfahren der Gebrüder Böker gegen einen Konkurrenten
wegen mißbräuchlicher Benutzung ihres Markenzeichens. Die Firma Böker
bekam in erster Instanz Recht. Das Urteil wurde aber im folgenden Jahr wegen eines
Verfahrensfehlers kassiert:
Das Handelshaus J. G. Böcker und Söhne oder R. und H. Böcker
zu Remscheid, ist nach Maaßgabe des Gesetzes vom 18. August 1847 im
ausschließlichen Gebrauche eines Fabrikzeichens für seine Eisen- und Stahl-
waaren, welches einen Apfelbaum mit den Buchstaben B. B. und B. S.
darstellt. Im Juni v. J. führte dasselbe bei dem Gewerbegericht zu
Remscheid Beschwerde darüber, daß die Gebrüder Wirths daselbst, auf ihr
Fabrikat (Sägen) ein nicht angemeldetes Zeichen schlagen ließen, welches
als eine Nachahmung des Böcker'schen Fabrikzeichens anzusehen sei.
[siehe auch die Markenanmeldung von 1859 oben]
In meiner Sammlung:
Beschreibung eines Patents im Amtblatt der Königlich Preußischen Regierung 8):
Dem Robert Heinrich Böker, dem Heinrich Lange und dem Wilhelm Lange, zu Rem-
scheid, sind unter dem 12. November 1856 zwei Patente, das eine:
auf eine mechanische Vorrichtung zur Zuschärfung der Messerklingen, in der durch
Zeichnung und Beschreibung nachgewiesenen Zusammensetzung,
das andere:
auf die nach der vorgelegten Beschreibung für neu und eigenthümlich erachtete Anwen-
dung eines Lothes zum Zusammenlöthen von Stahl und Eisen,
beide auf Fünf Jahre, von jenem Tage an gerechnet, und für den Umfang des Preußischen
Staats ertheilt worden.