Wolfgang Jordan
HOLZBEARBEITUNG MIT HANDWERKZEUGEN
Aktenordner

Techniken: Laufleisten

Kopie eines Artikels aus "Der Deutsche Tischlermeister"
Heft 3/1950, Seite 51


Richtige Ausbildung

der Schubkastenseiten,
der Streichleisten,
Laufleisten und Kippleisten

Streich-, Lauf- und Kippleisten

DER gute Lauf eines Schubkastens ist wesentlich abhängig von den Streich-, Lauf- und Kippleisten, in die der Schubkasten sozusagen eingebettet liegt und die ihm seine Führung ermöglichen und vorschreiben. Auf die Notwendigkeit ihrer richtigen Ausbildung und Anordnung soll nachstehend hingewiesen werden.

Abb. 1 zeigt an dem Schnitt durch eine Schubkastenseite von vorn gesehen alle jenen Fehler, die den guten Lauf eines Schubkastens unmöglich machen.

Es fällt hier zunächst auf, daß die Schubkastenseite direkt an der inneren Wandung des Möbelstückes entlang läuft, und es ist begreiflich, daß diese Führung, wenn wir uns eine breite aufrechtverlaufende Möbelseite aus Sperrholz oder in Rahmen gearbeitet vorstellen, niemals einwandfrei sein kann. Hier hilft nur die Einschaltung einer Streichleiste, auch Gleitleiste genannt.

Abb.2 zeigt diese, aber falsch, weil zu niedrig. Sie muß in ihrer Höhe den Boden des Schubkastens erreichen, um dessen nach außen gerichteten Druck aufzufangen. Ihre Länge soll nur einhalb, höchstens zweidrittel der Schubkastentiefe betragen. Sie ist, dem eingepaßten Schubkasten entsprechend, einzuleimen und mit abgefaßter Winkelkante zu versehen, um von der unteren Gleitpartie der Schubkastenseite jede Störung durch ausgequollenen Leim oder abgelagerten Staub frei zu halten.

Falsch ist auch, daß der Schubkasten direkt auf dem Unterboden (Laufboden oder Trawers) läuft. Die Laufbahn wird sich bald an der äußeren Kante des Unterrahmens unliebsam markieren. Hier hilft die Laufleiste. Abb.3 zeigt außer der richtig ausgebildeten Streichleiste auch die Anordnung der Laufleiste. Diese ist aus wenig porösem Holz, z. B. Birnbaum, Ahorn oder Buche, herzustellen. Das großporige Eichenholz ist dazu ungeeignet, es hält den Staub fest und erzeugt dadurch Reibungsstörungen.

Damit ist auch die Forderung erfüllt, daß Langholz auf Langholz läuft. Nun aber ergibt sich die weitere Forderung, daß den aus Weichholz hergestellten Schubkastenseiten eine Hartholzkante unterzuleimen ist, denn Hartholz auf Hartholz läuft leichter, verschleißt weniger, ist dauerhafter.

Abb.4 erfüllt auch diese Forderung.

Nun wenden wir uns dem Schubkastenboden zu. Die Betrachtungen in den Abb. 1 bis 4 stellten diesbezüglich zwei Fehler fest, Erstens ist die Schubkastenseite zu tief genutet, wodurch die Gefahr des Abbrechens der unteren Nutwange besteht, und zweitens ist der Boden schräg abgefaßt, so daß bei Trocknung des Bodens seine abgeschrägte Feder die Nuthöhe nicht mehr ausfüllen kann, der Boden wird locker und klappert.

Abb. 5 verbessert auch diesen Übelstand. Die Nuttiefe beträgt höchstens die Hälfte der Seitenstärke. Der Boden ist der Nutform entsprechend gerade abgeplattet.

Abb.6 zeigt eine Verstärkung durch eingeleimte Beistöße, eine gute Ausführung, die besonders bei schwachen Seiten zu empfehlen ist, weil hierdurch die notwendige Nuttiefe ermöglicht, aber auch mehr Festigkeit erreicht wird. Ganz besonders empfiehlt sich diese Anordnung bei Schubkästen mit überragenden Vorderstücken.

Abb. 7 zeigt die schönste Ausbildung und Anordnung dieser Art. Der Boden ist als Rahmen ausgebildet, er kann leicht und gut eingepaßt werden, wobei die Seiten einige Millimeter zurückspringen können.

Durch richtige Ausbildung der Laufleisten und Streichleisten ist nunmehr die untere Führung des Schubkastens gesichert. Aber auch die obere Führung muß beachtet werden. Hier sind Kippleisten notwendig, und zwar nicht in der Mitte oder schräg über den Schubkasten verlaufend, sondern über den Seiten liegend, wie Abb. 7 zeigt. Den Kippleisten ist vor dem Einleimen hinten ein Hobelstoß wegzunehmen, so daß der Schubkasten nach hinten zu freien Lauf erhält,

Abb. 1 und 6 zeigen, wie die oberen Seitenkanten nicht geformt sein sollen, denn sie wirken mit ihrer schmalen Oberkante mehr oder weniger messerartig einschneidend und verschleißen dadurch sich selbst und die Kippleiste schneller, besonders bei großen, stark beanspruchten Schubkästen. (Siehe Abb. 6.)

Abb. 7 zeigt die richtige Form der Oberkante, winklig bestoßen, die Ecken nur kurz gebrochen. So nutzt sich die Kante weniger ab und schleift sich auch in die Kippleiste nicht so leicht ein.

Die Ausführungen sollen nicht abgeschlossen werden, ohne darauf hinzuweisen, daß die Gleitpartien zeitweise und, wenn nötig, mit Paraffin (evtl. Wachs) eingerieben werden können. Aber man nehme dazu keine Seife, denn diese enthält stets noch eine gewisse Menge Feuchtigkeit, die in das Holz eindringt und Quellungen hervorruft.


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